Wien muss neue Wege gehen

Die österreichische Bundeshauptstadt hinkt, wie das gesamte Land überhaupt, manchmal internationalen Entwicklungen hinterher. Das betrifft nicht nur die mangelnde Umsetzung des Nichtraucherschutzes, sondern auch das Thema einer nachhaltigen Mobilität. Aber es ist noch nicht zu spät daran etwas zu ändern!

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Die österreichische Bundeshauptstadt hinkt, wie das gesamte Land überhaupt, manchmal internationalen Entwicklungen hinterher. Das betrifft nicht nur die mangelnde Umsetzung des Nichtraucherschutzes, sondern auch das Thema einer nachhaltigen Mobilität. Aber es ist noch nicht zu spät daran etwas zu ändern!

Stillstand ist Rückschritt

Die Welt bewegt sich, Wasser fließt die Donau hinab. An der Donau liegt bekanntermaßen auch Wien, Hauptstadt Österreichs. Doch hier scheint die Welt oft still zu stehen. Als eines der letzten Länder in der westlichen Welt ist das Rauchen in Lokalen, in der Öffentlichkeit oder auch vor Kindern noch immer en vogue. Dafür wurde Österreich bereits mit dem unrühmlichen Titel "Aschenbecher Europas" geehrt.

Nicht viel anders sieht es in der Verkehrspolitik aus. Weltweit entwickelt sich Mobilität weiter, nur in Österreich hält man noch an der heiligen Kuh, dem "Auto", fest.

Mobilität anderswo

Blickt man über den Tellerrand des Schnitzels hinaus, sieht man große und vor allem sehr schnelle Veränderungen in der Verkehrspolitik. Während Amsterdam oder Kopenhagen mit 63% Fahrradanteil schon lange für ihre Pro-Fahrrad Politik bekannt sind, bewegen sich nun weitere Städte in Richtung nachhaltige Mobilität.

Paris wandelt eine zentrale Schnellstraße am Seine-Ufer in eine Flaniermeile um, Barcelona sperrt mit "Superblocks" gut zwei Drittel seiner Straßen, in London baut man "Superhighways" für Radfahrer, in Stockholm muss man mit dem PKW für die Ein-&Ausfahrt in die Stadt jeweils umgerechnet 12€ zahlen, Oslo verbietet ab 2019 das Autofahren in der Stadt komplett.

Sogar in den autoaffinen USA wird in immer mehr Staaten und Städten der fahrradfreundliche "Idaho-Stop" eingeführt. Es handelt sich um eine gesetzliche Regelung aus dem US-Bundesstaat Idaho, bei der ein Stopp-Schild für Radfahrer als Vorrang-Geben Schild dient und eine rote Verkehrsampel als Stopp-Schild zu interpretieren ist. Mit dieser Maßnahme ist die Verkehrssicherheit letztlich sogar gestiegen. Dieser Idaho-Stopp gilt mittlerweile auch in Paris.

Es sind Dinge wie sie überall in der Welt passieren, und sie passieren vor allem sehr schnell.

Mobilität hier

Gustav Mahler (1860-1911) soll mal gesagt haben:

"Wenn die Welt einmal untergehen sollte, ziehe ich nach Wien, denn dort passiert alles fünfzig Jahre später"

Vielleicht nicht 50 Jahre, aber doch gut 27 Jahre nach dem Fall des "Eisernen Vorhangs" investiert man 0,5 Milliarden Euro in den Ausbau der Zugstrecke zwischen Wien und Bratislava, was gut und richtig ist. Allerdings investiert man viermal so viel, nämlich 2,0 Milliarden Euro, in derselben Region in die Straße und möchte gar eine Schnellstraße (S1) unterirdisch durch ein Naturschutzgebiet bauen.

Forciert man gar bewusst einen Lenkungseffekt hin zum Auto durch die vierfachen Investitionskosten oder ist das schlicht einfach verkehrsplanerische Naivität?

Am Ring wird demonstriert, wieviel Platz durch Autos benötigt wird

Regionalpolitiker "kämpfen" gegen Radwege wie beispielsweise in der Wipplingerstraße, die Redimensionierung der Praterstraße wird als "Kriegserklärung" verstanden. Den Ring autofrei zu machen? Undenkbar, wo kämen wir da hin? Alleine der Gedanke daran, bringt das Blut in den Adern mancher Österreicher zum Wallen.

Wiener Wege

Wien hat im Vergleich zu anderen europäischen Städten mit seinen Wiener Linien einen sehr hohen Anteil im sogenannten Modal Split, dem Indikator aus dem hervorgeht, wie Menschen ihre täglichen Wege zurücklegen. Wien investiert weiter Unsummen in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und die Wiener nehmen diese Investition dankend an. Nächstes Jahr eröffnen weitere Stationen der U1 in den Süden, es kommt die U5 und auch die U2 wird verlängert.

In Sachen motorisierten Individualverkehr (MIV), also Auto, Motorrad & co lassen sich hiesige Parteien aber immer noch von ihren eigenen Autofahrerklubs beraten. Diese raten ihnen (wenig überraschend) vom Rückbau von Straßen ab oder verurteilen jeden Radweg, wenn dieser zum Verlust eines einzigen Parkplatzes führen könnte.

Ähnlich wie beim Nichtraucherschutz verwendet man beim Auto gerne das schöne (Buzz-)Wort "Wahlfreiheit". Gleich wie beim Nichtraucherschutz ist auch das Ergebnis: Keine Veränderung.

Da es mittlerweile als verantwortungslos gilt, sich nicht aktiver für eine bessere Lebensqualität von Nichtrauchern einzusetzen, wurde zumindest beim Thema Rauchen per Gesetz ab dem Jahr 2018 ein allgemeines Rauchverbot in Lokalen verordnet. Während in allen Ländern mit vollwertigem Nichtraucherschutz nachweislich die Lebensqualität gesteigert wurde und die Anzahl an tödlichen Herzattacken nur mehr einen Bruchteil beträgt, bewegt man sich in Österreich nur sehr träge und langsam.

Die Uhr tickt

Nicht anders als bei der Einführung des Nichtraucherschutzes dürfte es beim Thema Mobilität sein. Hunderte Verkehrstote pro Jahr gibt es in Österreich, von einer "Vision Zero" ist man kilometerweit entfernt (die Anzahl ist 2015 sogar wieder gestiegen), aber nichts passiert. Im Gegenteil: Man investiert weiter Milliarden in neue Straßen.

Österreich könnte neben dem "Aschenbecher Europas" bald auch zum "Verkehrsunfall Europas" deklassiert werden.

Neben den schwerwiegenden volkswirtschaftlichen Schäden durch den MIV, könnte es vor allem für die Tourismuswirtschaft nachhaltige Umsatzverluste mit sich bringen. Schon jetzt beklagen immer mehr Auslandstouristen, dass in Österreich zu viel geraucht wird. Wenn Österreich in naher Zukunft zu den letzten Ländern zählt, welches weiter am Auto festhält, wird es sehr schwer sein, die Marke Österreich mit "Natur & Nachhaltigkeit" zu bewerben.

Noch haben wir die Chance nicht wieder als Letzter über die Ziellinie zu kommen. Nutzen wir sie.

Quellverweise

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